Vor vielen Jahren hat einmal ein Linguist zu mir gesagt: Ich sei eigentlich gar kein richtiger Linguist. Ich glaube, ich habe ihn richtig verstanden. Er meinte das nicht als Kritik, jedenfalls nicht nur als Kritik. Er meinte wohl auch, dass ich der eigenen Zunft zu kritisch gegenüberstehe, um als Vollmitglied gelten zu können. Auch, dass ich zu merkwürdige Gedanken und Fragen habe. Fragen, die man als Linguist besser als „irrelevant“ oder „sprachphilosophisch“ ausblendet. Nun gut, da ist was dran. Was mich an der Linguistik stört? Dass sie ungelöste Grundlagenfragen, die einfach und gut darzustellen sind, ignoriert. Ich möchte hier einmal drei dieser Grundlagen-Fragen nennen. (Die Texte dazu kommen später. Bis dahin bitte nicht sagen: „Ah, da gibt es doch jede Menge Forschungen!“ Das lässt sich immer sagen. Und es ist immer richtig und falsch zugleich.)

Wie kann man, jenseits der eher seltsamen Versuche von Peter Mark Roget, Wehrle / Eggers und Dornseiff und also theoretisch fundiert, den Gesamtwortschatz einer Sprache „nach Inhalten“ gliedern?

Wie könnte man Wörter „nach Wichtigkeit gewichten“? Gewiss, es gibt jede Menge Grundwortschätze bei Langenscheidt und anderswo; aber dahinter stehen bestenfalls vollmundige Behauptungen zur Relevanz von Wörtern und Ad-hoc-Versuche, keine linguistischen Forschungen. (Die bisherigen Grundwortschatz-Forscher mögen mir verzeihen!)

Wie entwickeln sich die sprachlichen Fähigkeiten des Menschen nach dem 4. Lebensjahr? Also jenseits der Periode, die als „Spracherwerb“ bezeichnet und erforscht wird. Meine Erfahrungen an der Schule — nach drei langen Jahren ist es nun genug — haben mir gezeigt, dass da ein gewaltig großes Aufgabenfeld liegt.