www.johannes-hofer.at

In der ZEIT Nr. 28 vom 4. Juli 2013, Wirtschaft, S. 30: „Was bewegt: Hilmar Kopper“. Ein Interview. Lesenswert. Ganz in der Nähe, auf S. 24 unten, die Kleinanzeigen-Rubrik Linktipps. Einer dieser Linktipps fällt mir auf. Zeilengenau und mit der etwas verqueren Formatierung der ZEIT steht da:

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Philosophie

Kritische Tagebuchaufzeich-

nungen gegen die Lebensferne

und Weltfremdheit unserer

Geisteswissenschaften.

(Universitätskritik)

www.johannes-hofer.at

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Ich lese mich auf dem Kindle Fire eine gute halbe Stunde durch diese Seite. Essenz? Faszinierend und krude. Ein Mann aus dem bäuerlichen Milieu — das ist erst mal sehr sympathisch, das mit den Kühen, der Milch, der Familie, dem Stall, dem Holzbetrieb, der körperlichen Arbeit — gerät an die Wissenschaft und hofft, an der Uni Karriere zu machen. Er ist in einer Weise selbstzentriert, wie man es sein muss, wenn man Philosophie betreiben will; aber der Mann erkennt dann nicht mehr, dass man die Selbstzentriertheit nicht ungefiltert und ungebremst öffentlich machen darf. Die Gefahr, dass jemand, der über sein Schicksal in dieser Weise klagt, auch wegen Ideenklau (er hat Ideen und Professor Soundso stiehlt sie ihm), allerlei und viele Ungerechtigkeiten, die ihm widerfahren, der gerät unweigerlich in den Verdacht, ein selbstbezogener  … zu sein. Überhaupt die Vermengung des Privaten mit der Wissenschaft, das wirkliche Tagebuchschreiben, einschließlich der „lieben Anni“ und der eigenen Heirat, das akzeptiert die bürgerliche Wissenschaft einfach nicht. Ob das gut ist, steht auf einem ganz anderen Blatt. Aber es gibt Gesetzlichkeiten, die sind wie sie sind. Die Professoren wollen von Leuten, die sich selbst zu wichtig nehmen, nicht behelligt werden. Es geht um die Sache! Und das ist vielleicht auch gar nicht so schlecht.

 

Der Tagebuchschreiber sieht es als gravierendes Defizit im österreichischen Universitätsbetrieb an, dass sich etwa seine Professoren der geisteswissenschaftlichen Fakultät der Universität Graz weigern, zu seinen frühen und auf intensiven Studien beruhenden Hypothesen zur Entwicklung, Entstehung und dem Verfall der Hochkulturen eine fachliche Stellungnahme abzugeben. (Hofer, Tagebücher, S. 5)

 

Stilfragen. Nein, man sollt nicht von sich selbst in der dritten Person, als „der Tagebuchschreiber“ usw., reden. Das wirkt künstlich und aufgeblasen. Es gibt das schöne Pronomen ich.

 

Und dann noch die Sache, wie der gewiss immer ein wenig schrullig auftretende Johannes Hofer einst in den Verdacht geraten ist, der Briefbomber der Bajuwarischen Befreiungsarmee zu sein und darum vom österreichischen Staatsschutz überwacht wird! Diese grandiose Schilderung! Man gewinnt den Eindruck, dass „der Tagebuchschreiber“ das mit dem Verdacht irgendwie doch ein wenig auch genossen hat, weil es seine Wichtigkeit gesteigert und ihm Aufmerksamkeit gebracht hat.

 

 

Wie es richtig gemacht wird, hat ein Landsmann von Johannes Hofer vorgemacht: Thomas Bernhard. Sich halbwegs bedeckt halten beim Privaten. (Das macht die Leute irgendwann neugierig und andere bringen es eh an die Öffentlichkeit. Das mit der Krankheit, der Mutter und dem Großvater.) Sich ganz dem Werk widmen. Arrogant und distanziert tun. Und vor allem: Humor haben!

 

 

P. S.

 

Ich habe meine 1993 fertiggestellte Dissertation mit dem Titel „Das Problem der partiellen Isomorphie in der evolutionären Erkenntnistheorie“ im Jahr 1995 im Verlag Lit (Münster) unter dem Titel „Information und Handlung in der evolutionären Erkenntnistheorie“ auf Selbstkosten publiziert. (Hofer, Tagebücher, S. 140)

 

Immer wieder dieser von Selbstmitleid und Anklage! Dass jemand zuzahlen muss, wenn er seine Dissertations in einem Verlag wie LIT Münster veröffentlicht, das war und ist eine selbstverständliche und selbstverständlich eine schlechte Gewöhnlichkeit, die man nicht hervorzuheben braucht. So ist das nun einmal, und jeder, der im Betrieb Universität arbeitet, weiß es.

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